Interview und Text: Anja Conventz
Neben Kapitän, nautischen Offizieren, Decks- und Maschinenmannschaft, Elektrikern, elektronischen Ingenieuren, Köchen und einer Schiffsärztin gehören vier Stewards zur Crew der SONNE. Eine Stewardess, die auch während unserer Fahrt SO307 mit dabei ist, ist Jessica Münch, die seit November 2021 an Bord arbeitet. Um Euch einen Einblick in die Arbeit einer Stewardess an Bord eines Forschungsschiffes zu geben, haben wir Jessi für Euch ein paar Fragen gestellt.
Wie sieht ein „normaler“ Arbeitstag für dich aus und was sind deine Aufgaben hier an Bord?
„Mein Arbeitstag verläuft so, dass ich morgens aufstehe um meistens kurz nach 4, dann mache ich mich schnell fertig und dann geht’s auch schon los. Als erstes fange ich mit dem Aufklaren der Messe an, danach bereite ich alles für die erste Mahlzeit des Tages vor, dazu gehört das Aufbauen vom Frühstücksbuffet, Obst, Brot und Müsli aufzufüllen und heiße und kalte Getränke hinzustellen. Von 7 bis 8 ist dann Frühstückszeit. In der Zeit habe ich eine kleine Pause und schaue zwischendurch immer mal wieder in die Messe, ob noch alles in Ordnung und vorhanden ist. Nach der Mahlzeit ist natürlich wieder eine Nachbereitung der Messe angesagt. Auch da fülle ich nochmal wieder alles auf, setze frischen Kaffee auf und fege oder wische einmal die Messe durch. Danach unterstütze ich die beiden Köche bei der Vorbereitung fürs Mittagessen. Nach der 10 Uhr Pause wird die Messe dann auch schon fürs Mittagessen vorbereitet. Während dann das Mittagsgeschäft läuft bin ich meistens hinten in der Kombüse und schneide dort die Obstplatte, die dann am nächsten Morgen wieder auf dem Frühstücksbuffet steht. Das ist so ein normaler Arbeitstag bei mir und nach dem Mittag habe ich dann meist Feierabend.“

Wie sind deine Arbeitszeiten während unserer Ausfahrt dabei genau?
„Immer von 4 Uhr morgens bis 12:30 / 13 Uhr“
Ihr seid ja insgesamt vier Stewards, wie habt ihr die Arbeit unter euch aufgeteilt?
„Jinghao arbeitet auch von 4 bis mittags. Er geht morgens einmal alle Gänge durch, guckt unten nach der Wäscherei und checkt den Sportraum und die Sauna. Dann macht er von 9 bis halb 12 die Kammern von der Wissenschaft auf dem blauen und grünen Deck. Danach ist er auch im Mittagsgeschäft und hat danach frei.
Alex (erster Steward) ist immer und überall irgendwo unterwegs. Er fängt um 7 Uhr an und macht dann auch Frühstück mit und kümmert sich danach erstmal um Papierkram, je nach dem was in der Kantine (sozusagen der Bord-Shop) so anfällt oder macht Bestellungen was im nächsten Hafen kommen soll. Sei es von Toilettenpapier über Bier, Süßigkeiten, Waschmittel, alles was wir alle so brauchen für den ganz normalen Bordalltag.
Sven fängt auch um 7 Uhr an und ist für das gelbe Deck (Deck 7, Crewdeck) zuständig und macht auch die Kammerreinigung der Wissenschaftskammern. Alex und Sven machen dann noch die Abendschichten, also das Abendessen.“
Wie lange am Stück bist du meistens an Bord der SONNE und wie lange hast du danach frei?
„Meistens 3,5 Monate, etwa 12 Wochen, an Bord und danach 7 Wochen zu Hause“
Warum hast du dich für einen Job auf einem Forschungsschiff entschieden und nicht für einen vergleichbaren Job an Land?
„Ich habe vorher in der Gastronomie an Land gearbeitet und wie es in der Gastro so ist, ist das eine eigene Welt für sich mit viel Konkurrenzdenken, Stress, usw.. Dann hatte ich da die Reißleine gezogen und dann hat mein Papa (Lothar Münch, Deckschlosser auf der SONNE) mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte hier als Stewardess zu arbeiten. Dann habe ich eine Bewerbung geschrieben und bin dann drauf los. Ich dachte mir, ich bin noch ungebunden und will noch ein bisschen die Welt sehen. Die Ziele der SONNE sind ja zum Großteil auch sehr attraktiv, wie zum Beispiel Tahiti, Noumea oder Mauritius. Auch wenn man viel auf See ist, hat man trotzdem die Landgänge, um das Land wo man hinreist ein bisschen zu sehen.“
Wie verbringst du deine Freizeit an Bord?
„Auf jeden Fall mit Sport! Da komme ich zu Hause irgendwie gar nicht zu. Zu Hause liegen die Prioritäten dann eher auf Familie, Freunde und vieles andere. Da kommt man gar nicht zum Sport, aber hier versuche ich es regelmäßig durchzuziehen. Außerdem verbringe ich meine Freizeit hier an Bord auch gerne mal in anderen Abteilungen. Mir ist es wichtig auch deren Aufgaben hier an Bord mal kennenzulernen. Meistens bin ich dann als „Praktikantin“ mit meinem Papa unterwegs und ich helfe ihm dann bei der einen oder anderen Baustelle. Ich find sowas immer ganz cool und man lernt auch immer wieder was dazu. Natürlich bin ich auch in der Kombüse gerne mal am Nachmittag unterwegs und helfe dann da mal beim belegen der Pizza oder zusammenstellen von Burgern. Also so eine richtige Routine habe ich da gar nicht. Ich gucke immer was so passiert und wo was los ist.“
Vermisst du irgendwas Bestimmtes, was es hier an Bord nicht gibt (außer Familie und Freunde)?
„Das Grüne, Wald, Bäume, einfach die Natur an Land. Viele sagen immer, dass sie das „endlose“ laufen so sehr vermissen, die sind aber glaube ich noch nie das ganze Schiff komplett in einem abgelaufen. Da läufst man auch erstmal eine ganze Zeit und bekommt seine Meter zusammen.
Das Grüne vermisse ich halt… und meine Tiere.“
Hast du einen Lieblingsplatz an Bord?
„Mein Lieblingsplatz ist tatsächlich hinter dem Schiebebalken. Da hänge ich sehr gerne in der Hängematte. Da kann ich die super aufhängen, habe einen perfekten Blick aufs Wasser und wenn der Schiebebalken nicht in Aktion ist, ist es dort auch schön ruhig.“

Was magst Du am meisten am Bordleben?
„Natürlich ist ein riesen Pluspunkt der Ausblick. Es ist einfach immer wieder schön und ich empfinde es immer noch als Privileg sowas sehen zu dürfen. Jeder Sonnenaufgang oder -untergang hat immer wieder seine eigene Faszination und Magie und ich hoffe ich werde nicht müde mir diese anzuschauen. Besonderes Highlight ist ja natürlich die Tierwelt, die auf jeder Reise auch unterschiedlich ist. Seien es Wale, Schildkröten, Albatrosse, Delfine oder irgendwelche Fische, es ist immer wieder wunderschön diese in freier Wildbahn erleben zu können. Außerdem finde ich die Vielfalt der Menschen und der Arbeit hier so klasse, sei es von der Crew oder der Wissenschaft. Es ist immer wieder interessant mit was für Themen die Wissenschaftler hierherkommen und was für Methoden sie anwenden, um ihre Proben zu ergattern. Wie schon gesagt, man lernt ja immer wieder was dazu.“
Ist dir rückblickend eine bestimmte Reise besonders in Erinnerung geblieben?
„Meine erste Reise, die war super anstrengend. Da sind wir in den nördlichen Atlantik gefahren. Die Fahrt war von den Leuten her super, aber körperlich total anstrengend, weil nur schlechtes Wetter war. Das war eine Fahrt, bei der mein Lieblingsplatz mein Bett war. Da bin ich morgens aufgestanden, habe meine Arbeit erledigt und war froh, wenn ich danach wieder liegen konnte. Ich wohne ja auf Deck 5, also schon relativ weit oben, und wenn ich dann im Bett lag und zu den Fenstern schaute, fand ich es sehr kriminell, als ich nur noch Himmel sah und dann schwankte es so weit, dass ich nur noch Wasser gesehen habe. Da wird einem schon ziemlich mulmig.“