Segel setzen: SONNE Expedition 307

R/V SONNE im Hafen von Durban in der Nacht vom 11. September 2024, ein Tag vor dem Ablegen. Foto von Anja Conventz.

Die Wissenschaft hat viele Formen. Man kann Stunden im Labor verbringen und Experimente durchführen, vor dem Computer sitzen und Modelle entwickeln oder in aller Ruhe vor einem leeren Blatt Papier seine Gedanken sammeln. Aber manchmal bedeutet Wissenschaft auch, in die Welt hinauszugehen und seine Ideen zu testen. Genau darum geht es bei der Expedition SO307.

Zurzeit sind 25 WissenschaftlerInnen an Bord des Forschungsschiffs SONNE damit beschäftigt, im südwestlichen Indischen Ozean Messinstrumente zu verwenden. Natürlich nehmen wir uns einen Moment Zeit, um das atemberaubende tiefe Blau des Wassers zu bewundern – eine Farbe, die es nur in diesem Ozean gibt. Jetzt ist die See ruhig, aber als wir am 12. September von Durban aus in See stachen, wurden wir von den Wellen ein wenig herumgewirbelt – eine Erinnerung daran, dass, egal was wir vorhaben, das Meer immer das letzte Wort auf unserer Reise hat.

Jetzt, wo wir einen Moment Zeit haben, um zu Atem zu kommen, wollen wir Euch erzählen, warum wir hier sind. Vielleicht habt Ihr schon gehört, dass man sagt: „Wir wissen mehr über den Mond als über die Tiefen unserer Ozeane.“ Das ist zwar eine Übertreibung, aber es ist etwas Wahres dran. Die Tiefsee bleibt ein Rätsel, unter anderem weil wir ihre Tiefen physisch nicht selbst erforschen können. Aber wenn wir das könnten, würden wir eine unglaubliche Welt vorfinden – nicht nur voller unentdecktem Leben, sondern auch voller Hinweise auf die tektonische Geschichte der Erde und die Prozesse im Erdmantel, sowie auf die Steuerung des Kreislaufs der Elemente, die genau in unser Puzzle passen, wie die verschiedenen Elemente in der Erde verteilt sind.

Ein letzter Blick auf Durban am Horizont. Foto von Anja Conventz.

An der Expedition SO307 MADAGASCAR/MADAGASCAR-BIO/INDICOM nehmen WissenschaftlerInnen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Museums für Naturkunde Berlin teil. Gemeinsam suchen Forschende aus den Bereichen Meeresgeologie, Biogeochemie und Biologie nach Antworten auf mehrere zentrale Fragen zur Tiefsee.

Unser Geologie-Team untersucht die Entstehung des Madagaskar-Rückens, eines ozeanischen Hochplateaus südlich von Madagaskar. Drei Hypothesen stehen im Raum: Entstand er durch verstärkten Magmatismus an einem Hotspot? Ist er ein Überbleibsel des alten Superkontinents Gondwana? Oder entstand er durch aufsteigendes Gestein aus dem Erdmantel infolge früherer Schmelzvorgänge? Die Bathymetrie und die Gesteinsproben, die wir vom Meeresgrund nehmen, werden uns dabei helfen, herauszufinden, welche dieser Ideen richtig ist.

Der Forschungsbereich Marine Biogeochemie am GEOMAR untersucht im Rahmen des INDICOM-Projekts den Kreislauf von organischer Materie in der Tiefsee, insbesondere der Kohlenhydrate und Proteine. Diese Verbindungen spielen möglicherweise eine entscheidende Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Durch das Sammeln von Wasserproben aus verschiedenen Tiefen will das Team verstehen, wie diese Verbindungen die Kohlenstoffflüsse im Ozean beeinflussen und letztlich die Klimamodelle verbessern.

Das Biologieteam des Museums für Naturkunde Berlin leitet das Projekt MADAGASCAR-BIO. Sie erforschen die unbekannte Artenvielfalt des tiefen Indischen Ozeans und untersuchen, wie Unterwasserlandschaften, wie der Madagaskar-Rücken, die Verbreitung von Arten beeinflussen. Durch die Verbindung von Geologie und Leben wird diese Arbeit unser Verständnis für die Struktur der Ökosysteme in der Tiefsee verbessern.

In den kommenden Wochen werden wir Euch über spannende Entdeckungen direkt von den WissenschaftlerInnen an Bord informieren. Hier bleibt ihr auf dem Laufenden und bekommt Updates und Fotos von unserem Weg zu mehr Wissen über die Tiefsee.

Wissenschaftliche Besatzung an Bord der SONNE Expedition 307.