Ein Fotograf erklärte uns einmal: Wenn Ihr Forschungsgeräte danach entwickeln würdet, dass sie optisch gut rüberkommen – sie würden genauso aussehen wie Eure Mesokosmen. Nach einem sonnigen Arbeitstag auf dem Gullmarfjord kann ich seine Begeisterung wieder einmal bestens nachvollziehen. Wir haben die schönsten Forschungsgeräte der Welt!
Im Licht der tief stehenden Wintersonne heben sich die Schwimmkörper knallorange von der blauen Wasseroberfläche ab. Dazwischen schimmern milchig die Kunststoffsäcke – die eigentlichen „Reagenzgläser“ für die Experimente zur Ozeanversauerung. Die mit Spikes besetzten Kunststoffkuppeln, die das Innere vor Regenfall und Möwenschiss schützen, blitzen mit jedem Sonnenstrahl. Und der Fjord ist so klar, dass man die Pylone bis zum Ende in die Tiefe verfolgen kann. Wasserspiegelungen, das Nebeneinander der Leinen, die Kollegen in ihren hellroten Überlebensanzügen und immer wieder neue Perspektiven auf die zehn „Mesos“ zwischen den Schären – ich kann nicht mehr zählen, wie viele Bilder ich bereits aufgenommen habe.
Aber es gibt auch andere Momente. Da pfeift der Wind eiskalt aus Osten, da gefriert jeder Wasserspritzer zu Eis, da erstarren die Finger binnen Minuten. An solchen Tagen ist die wissenschaftliche Erkenntnis hart erkämpft. Und manch einer mag sich fragen: Warum das alles? Warum jetzt und hier?
In diesem Jahr gilt es, die Entwicklung der Planktongemeinschaft im Fjord von der ersten Planktonblüte im Winter bis in den Sommer hinein zu beobachten. In dieser Zeit durchlaufen die einzelnen Arten hunderte Generationen, und verschiedene Arten-zusammensetzungen wechseln sich ab. Welche Unterschiede ergeben sich, wenn zu Beginn des Jahreszyklus mehr Kohlendioxid im Wasser gelöst ist? Welche Arten setzen sich durch? Passen sie sich durch Evolution an die neuen Verhältnisse an? Was bedeuten die Veränderungen für den Stoff- und Energieaustausch im Wasser und die Produktion klimaaktiver Gase? Nachdem frühere Experimente die Reaktionen einzelner Arten auf die Ozeanversauerung untersucht haben, etwa die Kalkalge Emiliania huxleyi, die Flügelschnecke Limacina helicina oder Cyanobakterien, will nun ein ganzes Fragenbündel zum Wandel in der Planktongemeinschaft beantwortet werden.

Optisch mindestens ebenso eindrucksvoll wie die Mesokosmen selbst: Die “Spinne” für die Zugabe von kohlendioxid-haltigem Wasser.
Die Mesokosmen sind hervorragend dafür geeignet, Entwicklungen im natürlichen Umfeld zu verfolgen – und selbstverständlich nicht nur fotogen! Wenn ihre Säcke nach dem Aussetzen heruntergelassen werden, stechen sie eine 55 Kubikmeter große Wassersäule mit allen darin befindlichen Kleinstlebewesen aus. Die isolierte Gemeinschaft erlebt die selben Temperatur- und Lichtverhältnisse, wie sie außerhalb der Mesokosmen herrschen. Nur der Kohlendioxid-Anteil im Wasser übersteigt den heutigen in einigen Mesokosmen. Zudem ist der Salzgehalt, auf dem das Experiment aufbaut, nur eine Momentaufnahme – denn der Gullmarfjord ist je nach Wind und Strömung mal von brackigem Ostseewasser und mal von salzhaltigerem Nordatlantikwasser gefüllt. Und genau das haben wir vor einigen Tagen in die Mesokosmen eingeschlossen.
Wer Veränderungen von Anfang an beobachten will, der muss bei Minusgraden raus auf den Fjord. Er wird mit knalligen Farben und – manchmal – überraschend warmen Sonnenstrahlen belohnt.